Von Stefan Krause |
Das Angebot an Bauchmuskelübungen – vor allem in Fitnessanlagen und Vereinen – ist leider in den meisten Fällen sehr einseitig und bewegungseingeschränkt ausgelegt. Aus meinen Beobachtungen und der täglichen Arbeit in der Trainingspraxis sollen nun im Folgenden einige dynamische Bauchübungen („die Geläufigsten“) aus der breiten Masse herausgenommen, sowie auf deren Fehlerquellen hingewiesen werden. Parallel dazu stelle ich Dir einige übungstechnische Verbesserungen vor, diese sollen Dich anregen Dein Bauchtraining hin und wieder zu überprüfen und falls nötig neu zu überdenken!
Diese Herangehensweise führt Dich zu einem besseren Übungsdesign, mit verringerten Belastungswerten, größeren Bewegungsamplituden sowie individuell angepassten Widerständen.
Hier findest du die beiden anderen Teile zum Thema Bauchmuskulatur:
Training & Funktion der Bauchmuskulatur – Teil 3: 4 Bauchübungen für ein effektives Workout
Betrachtungen verschiedener Bauchmuskelübungen
In manchen Publikationen, aber auch im Trainingsbetrieb (insbesondere im Kursbereich), wird eine breite Fülle an Bauchübungen angeboten. So werden zum Beispiel im Kursbereich 20 bis 50 unterschiedliche freie Bauchmuskelübungen verwendet. Nur wenige davon weisen aber eine weitgehend vollständige Bewegungsamplitude für bestimmte Faserzüge der geraden und seitlichen Bauchmuskulatur auf.
Viele der angebotenen Übungen bieten nur eingeschränkte Bewegungsamplituden oder sogar nur isometrische Aktivitäten, daher kann der Mehrzahl dieser Übungen leider nur eine geringe Tauglichkeit bescheinigt werden.
Es fehlt hier u.a. an einer viel zu geringen Anzahl unterschiedlicher kinematischer Übungsunter-teilungen. Rotations- und Seitneigebewegungen, Kombinationsübungen aus Beugung und Rotation zum Beispiel aber auch der Einsatz von Kabelzügen, Bauchmaschinen und Gummibänder kommen viel zu selten zum Einsatz!
Die Unterteilung und das Beüben der einzelnen Bauchmuskelabschnitte erfolgt so gut wie gar nicht. Wie Du siehst ist das Übungsangebot viel zu undifferenziert.
Beüben der einzelnen Bauchmuskelabschnitte = Kompartimente
Aufgrund der Struktur der einzelnen Muskelabschnitte des geraden Bauchmuskels müssen für eine vollständige Bewegungsamplitude Überlegungen hinsichtlich der einzelnen Muskelabschnittsverkürzung angestellt werden.
Die nun folgenden Ausführungen sind sehr komplex, aber es lohnt sich sie schon einmal gehört zu haben und mit zunehmender Kenntnis und Wiederholung verdichten sich die Zusammenhänge. Scheue Dich also nicht die Ausführungen immer wieder vor Augen zu führen und Neues auszuprobieren bzw. ihm auch mal eine Chance zu geben. Es lohnt sich!
Neben der schon genannten Zwischensehnenarchitektur seien noch zwei wesentliche Punkte erwähnenswert die für das Verständnis zur Ansteuerung der einzelnen Muskelabschnitte hervorzuheben wären:
- Die nervale Ansteuerung der einzelnen Muskelabschnitte wird über die Interkostalnerven – genauer des 6. bis 12 Brustwirbel (Th 6-12) gesteuert.
- Weiterhin stehen sich sei der Verkürzung der einzelnen Bauchmuskelabschnitte sich korrespondierende Drehachsen der Wirbelsäule gegenüber, die als Bezugsdrehachsen den einzelnen Bauchmuskelabschnitten zuzuordnen sind. Diese Bezugsdrehachsen spielen eine wichtige Rolle bei der Übungsauswahl bzw. -kontrolle.
Bezugsdrehachsen
Für eine räumliche Zuordnung der Bauchmuskelabschnitte zu den einzelnen Wirbelsäulenabschnitten sind die muskelspezifischen Bezugsdrehachsen zu ermitteln. Hiermit lassen sich beim Bauchtraining vollständige Bewegungsamplituden erkennen, zuordnen und beim Übungsdesign berücksichtigen.
Beispiel: Bei Rumpfbeugebewegungen (Crunches) gegen Widerstand lassen sich die ersten drei Bauchmuskelabschnitte verkürzen. Die Verkürzung des 4. Bauchmuskelabschnitts („der Untere“) gelingt bei einer Lasteinleitung von oben nicht richtig, da dem Körper dann nur noch eine minimale Auflagefläche verleibt und erhebliche Balanceprobleme entstehen. Demgegenüber lassen sich bei Beckenaufrichtbewegungen gegen Widerstand je nach Kraftrichtung die unteren ein bis drei Bauchmuskelabschnitte verkürzen – siehe auch weiter unten Übungsausführung.
An einachsigen Bauchmaschinen hingegen kann immer nur der Bauchmuskelabschnitt bewegungsseitig vollständig erfasst werden, dessen Bezugsdrehachse mit der Maschinendrehachse in Deckung gebracht werden muss.
Dies ist jetzt sehr vereinfacht dargestellt worden, mir ist aber wichtig dieses komplexe Thema zumindest erwähnt zu haben damit Du Dir ein Bild eines differenzierten und effektiven Bauchmuskeltrainings machen kannst.
Bauchfitness Mythos: Kontraktion nach dem „Alles-oder-Nichts“-Prinzip?
Bevor ich zu den einzelnen Übungen komme, muss auch hier wieder mit einem weiteren Mythos aufgeräumt werden.
Manche Trainer, aber auch Autoren verschiedener Trainingsbücher, sind der Meinung, dass sich der gerade Bauchmuskel immer als Ganzes verkürzt und Widerstandseinleitungen – von oben (kopfwärts) z.B. Crunches oder von unten (steißwärts) z.B. Beckenheben – der knöchernen Fixierungen des geraden Bauchmuskels für ein vollständiges Krafttraining der Bauchmuskulatur nicht erforderlich seien.
Dieser Schlussfolgerung kann jedoch nicht zugestimmt werden. Geometrische Bewegungsanalysen an austrainierten Athleten zeigten, dass abhängig von den jeweiligen zu beugenden Wirbelsegmenten immer nur die hierzu korrespondierenden Muskelabschnitte überwindend aktiv sind. Die Analyse erfolgte hierbei in Form von reinen Abstandsmessungen zwischen den Schaltsehnen.
So werden z.B. bei Beckenhebeübungen nur die unteren ein bis zwei Muskelabschnitte verkürzt, die restlichen Muskelabschnitte verändern ihre Länge nicht, und bei den Crunches kontrahieren dagegen je nach Aufrichtungsgrad nur die oberen ein bis drei Muskelabschnitte!
Weiterhin ergibt eine geometrische Bewegungsauswertung, dass alleine und primär hüftbeugende Übungen nicht als dynamische Bauchmuskelübungen bezeichenbar sind – z.B. Beinheben am Beinhebegerät. Bei diesen Übungen wirken die Bauchmuskeln mehr als Stabilisatoren. Es handelt sich demzufolge um dynamische Hüftbeuge- und isometrische Bauchmuskelübungen!
Die geometrische Bewegungsanalyse bestätigt weiter, dass bei Beugebewegungen auch die seitlichen Faserzüge aufgrund der Rippen/Beckenkamm-Verbindung eine Verkürzung erfahren. Somit sind bei jeder geraden Bauchmuskelübung auch immer die seitlichen Anteile dynamisch aktiv!
Fazit: Demnach verfügt die ehemals im Bodybuilding getroffene Übungsgliederung in „gerade“ und „seitliche“ Bauchmuskelübungen nicht nur über praktikable, sondern insbesondere über funktionelle Hintergründe, die beide Übungsgruppen erforderlich machen. Und zwar aus folgenden Gesichtspunkten:
- Nur Bewegungen in Richtung der seitlichen Bauchmuskelfaserzüge bieten den jeweiligen Faserbündeln vollständige Bewegungsamplituden sowie die Ausbildung leistungsfähiger kinetischer Ketten in unterschiedlichen Winkeln. Dies geschieht sowohl auf der gleichen und gegenüberliegenden Seite (Rektusscheiden-Verschaltung).
- Ein vollständiges Amplitudentraining für den Quadratus lumborum (viereckiger Lendenmuskel) ist nur so zu erreichen
- und eine differenzierte Festigung der passiven Strukturen über variierende Druck-/Wechselbelastungen runden die ganze Sache ab.
Im folgendem seien vergleichend einige Hinweise gängiger Übungen etwas genauer dargestellt. Es handelt sich um die Übungen: Funktions-Crunch, Salam Übung, Beckenheben und Seitneigen. Die genaue Übungsausführung lasse Dir von erfahrenen Trainern zeigen!
Bauchübung #1: Funktions-Crunches (auf dem Boden oder einer Trainingsbank)
Diese Übung stellt eine Kombination aus den klassischen Sit-Ups (engl. Aufrichten) und den „neueren“ Crunches dar.
Mit dieser Übung erreichst Du eine vollständige Verkürzung Deiner ersten drei Bauchmuskelabschnitte des geraden Bauchmuskels sowie recht erhebliche Bewegungsamplituden der seitlichen Bauchmuskelfaserzüge zwischen Beckenkamm und dem unteren Rippenbogen. Die Nachteile der erhöhten Lendenwirbelsäulenbelastungen bei den klassischen „Fitness-Sit-Ups“ treten hierbei ebenso wenig auf, wie die dynamisch unvollständige Bauchmuskelaktivität bei den Crunches.
Funktions-Crunches – Trainierte Muskelgruppen
Der hauptausführende Muskel ist der gerade Bauchmuskel, unterstützend wirken hier der äußere und innere schräge Bauchmuskel mit. Die untere Partie des geraden Bauchmuskels sowie der quere Bauchmuskel wirken hier als Stabilisator und je nach Fixierung die Unterschenkelbeugemuskulatur oder der große Gesäßmuskel, aber auch die Beuger der Halswirbelsäule.
Funktions-Crunches – Ausführungshinweise
Du legst Dich auf den Boden/die Matte und hebst Deinen Kopf leicht an, drückst die Rippen nach unten und schiebst Dich systematisch nach vorne zum Beckenkamm. Es ist darauf zu achten, dass die Lendenwirbelsäule (LWS) bei Übungsausführung möglichst lange mit der Unterlage Kontakt hat = Wirbel für Wirbel beugen.
Zur Verkürzung des dritten Muskelabschnitts des geraden Bauchmuskels muss schließlich die LWS bis L3 bzw. L4 angehoben werden (Einrollen) – siehe Abbildung. Generell kann die Einrollbewegung soweit wie möglich erfolgen, solange sich Dein Becken nicht bewegt – ab dann würden die Hüftbeuger übernehmen!
Beim Zurückgehen ist die Wirbelsäule wieder systematisch abzurollen, so dass zuerst die mittlere LWS, dann die obere LWS und schließlich die untere BWS zum Aufliegen kommt – keinesfalls mit geradem Rücken zurückgehen. Die obere BWS (bis ca. Th 5) und der Kopf sollten während der Übung nicht abgelegt werden (sonst Entspannung der Bauchmuskeln!)
Fitness Crunches – Tipp
Falls Du über HWS- Verspannungen „klagen“ solltest, oder die Bewegungsabfolge noch nicht gut gelingt, kann der Kopf auch durch eine isometrische Verspannung der Halsbeuger fixiert werden. Im Sinne der Beugeschlinge wird hierdurch auch die Innervation der Bauchmuskulatur begünstigt. Dazu nimmst Du Dir ein kleines Polster oder ein zusammengefaltetes Handtuch, das mit dem Kinn während der Übung festgehalten wird. Sollte dies nicht ausführbar sein, so kann auch ein Handtuch um den Hinterkopf gelegt werden, um den Kopf in der gehaltenen Handtuchschlinge abzulegen.
Fitness Crunches – Widerstand
Eine Widerstandserleichterung kann z.B. auf schräger Unterlage und eine Widerstandserschwerung mit Gewichtsscheiben oder Tube bei erfolgen.
Fitness Crunches – Übungskontrolle
Wichtig ist hier, dass Du Dich auf das Zusammenschieben und Einrollen der Wirbelsäule beim Hochgehen konzentrierst und auf jeglichen Schwung verzichtest. Wenn Deine Beine beim Hochgehen abheben, bedeutet das, dass Du Deine Hüftbeuger aktiviert hast, oder bei zu steiler Oberschenkelhaltung rein statisch Dein Gleichgewicht verloren hast. In diesem Fall sind die Beine etwas schräger zu halten bzw. die Fersen gegen einen Widerstand zu klemmen und die Beinbeuger zu aktivieren.

Effektives Bauchtraining – Der Abdominal Roller erweist sich als überaus nützliches Utensil. (Bildquelle: Amazon.de)
Ein Hüftwinkel von 90° sollte vermieden werden (außer bei starkem Beinbeugerbezug), da hierdurch die vollständige physiologische Aufrichtung des Oberkörpers bis mindestens L3 (3. Lendenwirbel) aus Balancegründen extremschwierig bzw. unmöglich ist.
Fitness Crunches – Übungsvarianten
Auf einer Crunchbank oder am Boden mit Abdominal-Roller.
Fitness Crunches – Kontraindikation: Bandscheibenvorfall
Hier ist die vollständige Wirbelsäulenbeugung zu vermeiden! Die Beugung der unverletzten Wirbelsäulenbereiche ist möglich – erhebliche Bewegungseinschränkung des verletzten Bereichs.
Bauchübung #2: Übung: Salam Übung
Die Salam Übung (Salam oder Salamaleikum: arabischer Gruß mit Verbeugung) bietet Dir ein völlig anderes Belastungsprofil als die soeben erwähnten Funktions-Crunches. Ihre Stärke liegt zum einen in der weiten Dehnbarkeit des geraden Bauchmuskels, ohne dabei erhöhte Wirbelsäulenbelastungen eingehen zu müssen.
Zum anderen kann der Trainingswiderstand unabhängig vom Körpergewicht eingestellt werden. Somit kann Dein Bauchtraining mit sehr kleinen Widerständen begonnen werden. Koordinativ ist diese Übung jedoch etwas anspruchsvoller. Die Salam Übung muss an einem Kabelzug mit mindestens einer losen Rolle über dem Steckgewicht (Trägheitsreduktion) durchgeführt werden.
Salam Übung – Trainierte Muskelgruppen
Siehe erste Übung, ergänzend sei hier noch die als Stabilisator wirkende Arm-/Rückenzugschlinge zu nennen.
Salam Übung – Ausführungshinweise
Die von Dir eingenommene Bodenposition sollte möglichst nah am Gerät erfolgen, wobei sich die Seilrolle immer vor Dir befinden muss. In der knienden Position wird das Becken hinten abgelegt und dabei möglichst weit gekippt – also eine möglichst maximale Hohlkreuzhaltung eingenommen – um die volle/maximale Dehnung des geraden Bauchmuskels zu gewährleisten – Besonderheit der Übung!
Beachte: Hast Du die Seilrolle hinter Dir positionierst, würde bei einer maximalen Bauchmuskeldehnung bereits ein nicht unerhebliches Drehmoment auf Deine Wirbelsäule wirken! Die Hohlkreuzhaltung ist bei dieser Übung in der Startphase erwünscht!
Salam Übung – Biomechanische Betrachtungen

Ein Lordosekissen kann die Wirbelsäule beim Bauchtraining entlasten.(Bildquelle: Amazon.de)
Aufgrund der Seilzugrichtung und des nivellierten Oberkörpergewichts, wirkt in der maximal gedehnten Startposition kein Drehmoment, welches Deine Wirbelsäule weiter hyperlordosieren (überstrecken) würde = keine Zwangslage!
Hier wirkt die Kraft axial entlang der Wirbelsäule nach oben streckend und damit entlastend. Keine Kraftkomponente wirkt radial auf die Wirbelsäule, wie zum Beispiel bei Crunches auf einem Lordosekissen – siehe weiter unten – Zwangslagen!
Bauchübung #3: Beckenheben liegend am Boden
Diese Übung ist ideal geeignet, Deine Beckenmobilität zu verbessern. Sie stellt die „wichtigste“ Übung zum dynamischen Auftrainieren der unteren ein bis zwei Muskelabschnitte des geraden Bauchmuskels dar. Da ein Großteil aller Muskelfasern der seitlichen Bauchmuskulatur am Beckenkamm oder am Leistenband fixiert ist, bewirkt jede Beckenhebung auch eine außerordentlich hohe seitliche Bauchmuskelaktivität.
Beckenheben liegend am Boden – Trainierte Muskelgruppen
Gerader Bauchmuskel (unterste ein bis zwei Bauchmuskelabschnitte) sowie der äußere und innere schräge Bauchmuskel. Stabilisierend wirken hier die oberen Muskelabschnitte des geraden Bauchmuskels, der quere Bauchmuskel und die Arm-/Rückenzugschlinge.
Beckenheben liegend am Boden – Ausführungshinweise
Die Beine sind nun so anzuheben, dass sie entweder nach oben gestreckt (Füße zur Decke, Hüftgelenkswinkel ca. 100°) oder im Knie gebeugt sind (Hüftgelenkswinkel ca120°).
Das „Hochdrücken“ sollte bis zum vollständigen Abheben des Beckens mit der unteren Lendenwirbelsäule bis zum dritten Lendenwirbel aber nicht darüber erfolgen. Wird weiter hoch gedrückt (interessant z.B. für Stabhochspringer und Turner), so erfolgt keine weitere Bauchmuskelverkürzung, sondern die Bewegung wird im Wesentlichen über die Rückenschlingen ermöglicht (oft zu sehen in den Fitnessstudios) und der gewünschte Muskelabschnitt nicht optimal beübt. Der Kopf bleibt während der Übung am Boden liegen, kann aber auch leicht angehoben werden (Hüftbeugeraktivität).
Beckenheben liegend am Boden – Widerstandserleichterung/Widerstandserschwerung
Ist die Belastung mit Deinem Unterkörpergewicht zu hoch, so kann diese durch eine Beinauflage beliebig reduziert werden. Durch einklemmen einer Kurzhantel zwischen die Füße bzw. die Unterschenkel, kann der Widerstand beim Beckenheben um diese zusätzliche Masse noch vergrößert werden.
Beckenheben liegend am Boden – Übungsvarianten
Bauchübung #3-1: Beckenheben mit Variation der Neigungswinkel
Im Vergleich zu der soeben besprochenen Übungsausführung wird bei dieser Übungsvariante der Winkel der Auflagefläche zur Waagerechten verändert z.B. am Schrägbrett. Die so erfolgte, indirekte Richtungsänderung der Schwerkraft zum Rumpf bewirkt zum einen eine Änderung der Zugrichtung der beteiligten Muskeln und zum anderen wird die Widerstandskurve während des Hebens verändert. Das bedeutet für Dein Training, umso steiler die Auflagefläche, umso geringer die Startbelastung und umso höher die Belastung am Bewegungsende.
Widerstandserleichterungen sind bei diesen Ausführungen nur schwerlich zu bewerkstelligen, deshalb empfehlen sich diese Übungsvarianten nur für Personen die das Beckenheben am Boden ohne Widerstandserleichterung bewältigen können.
Beckenheben mit Variation der Neigungswinkel – Trainierte Muskulatur
Im Vergleich zu der am Boden ausführenden Übung verschiebt sich jetzt die Belastung mehr auf die unteren zwei bis drei Bauchmuskelabschnitte.
Bauchübung #3-2: Beckenheben am Beingerät
Das Gerät ist vielen Fitnessanlagen zu finden, hier ist vor allem auf die richtige Form des Rückenpolsters zu achten. Dieses darf keinesfalls einen Knick für eine vergrößerte Lendenwirbel-Lordose besitzen = LWS- Spitzenbelastung! Das Polster muss gerade geformt und lang genug sein, damit in der Startposition Deine Lendenwirbelsäule und das Becken vollständig aufliegen. Schwierige Übungsvatiante!
Bauchübung #3-3: Beckenheben am Reck
Diese Variante kann nicht empfohlen werden, da das Beckenanheben aufgrund der Balanceproblematik kaum gelingt. Es wird praktisch nur mit Schwung ermöglicht! In fast allen Fällen werden lediglich die Beine im Sinne einer Hüftbeugeübung angehoben. Das Beckenheben am Beinhebegerät ist für senkrechte Zugwinkel die günstigere Alternative! Dahingegen lassen sich am Reck seitliche bzw. rotierte Beckenhebeübungen sehr effektiv durchführen.
Bleibt noch der Hinweis auf die Position der Arme beim horizontalen und schrägen Beckenheben. Hier empfiehlt sich der Griffschluss hinter dem Kopf, satt des häufig praktizierten seitlichen Handabstützens. Neben der besseren Körperstabilisierung, wird hier vor allem die Schulterkapsel wesentlich entlastet und aufgrund der Aktivierung des breiten Rückenmuskels (Latissimus) die Lendenrückenbinde (Fascia thoracolumbalis) diagonal besser verspannt, was zu einer Wirbelsäulen-Entlastung führt. Insgesamt lässt sich bei dieser Variante die Übung leichter ausführen.
Beckenheben – Fazit
Eine vollständige Verkürzung der unteren Bauchmuskelabschnitte des geraden Bauchmuskels kann insbesondere beim Beckenheben auf schräger Unterlage erreichet werden. Hier wirkt die Schwerkraft genau in Faserzugrichtung – ein weitgehendes Beckenanheben bewirkt somit eine maximale Verkürzung der unteren zwei Bauchmuskelabschnitte.
Damit sei auch die Frage beantwortet, ob die oberen oder die unteren Muskelabschnitte isoliert beübt werden können.
In Fällen eines ehemaligen Bandscheibenvorfalls sollte das maximale Anheben sicherheitshalber vermieden werden – nur Beckenheben. Dennoch ist die Belastung beim maximalen Anheben als gering und unkritisch zu bewerten. „Keine Angst“!
Bauchübung #4: Seitliches Bauchmuskeltraining am Kabelzug
Nahezu unbegrenzte Bewegungsvarianten für das seitliche Bauchmuskeltraining lassen sich am Kabelzug mit einer Zugmöglichkeit (Griff) von oben in ausreichender Höhe bewerkstelligen. Hiermit kannst Du alle verschiedenen Richtungen an Seitneigungsbewegungen durchführen und mit unterschiedlichen Rotationselementen kombinieren.
Seitliches Bauchmuskeltraining am Kabelzug – Trainierte Muskelgruppen
Hier wirken der innere und äußere schräge Bauchmuskel und der gerade Bauchmuskel (obere zwei Bauchmuskelabschnitte) als hauptausführende Muskeln jeweils auf der gleichen Seite der Lasteinleitung. Unterstützend wirkt der viereckige Lendenmuskel – wird aber zum ausführenden bei 90° Stellung) sowie der Rückenstrecker (erector spinae) auf der ausführenden Seite. Als Stabilisatoren wirken der quere Bauchmuskel, die Arm-/Rückenzugschlinge und die Gesäßmuskulatur (Beckenstabilisierung).
Übungsgegenüberstellung
Des Öfteren sieht man im Trainingsalltag, aber auch immer noch in vielen Fachbüchern, zwei ähnlich anmutende seitliche Bauchmuskelübungen praktiziert bzw. dargestellt, weshalb ein Übungsvergleich hier notwendig ist.
Es handelt sich zum einem, um die stehende Seitneigeübung mit einer Kurzhantel zum anderen um die obige Kabelzugübung jedoch mit dem Zug von unten. Bei diesen beiden Übungen existieren zwei gravierende Nachteile gegenüber der Übungsvariante mit dem Zug von oben.
Zum einen wird Deine Wirbelsäule asymmetrisch auf Druck belastet und nicht wie bei der obigen Übung, durch den Zug von oben, entlastet! Zum anderen kommt es bei den beiden Übungen zu Zwangslagen, denn bei Trainings bedingter Ermüdung würde sich Deine Wirbelsäule in Extremstellung begeben können, demgegenüber bei der obigen Übung durch den Zug nach oben sich maximal nur in die Neutralstellung zurückbewegen!
Aus diesen Gründen ist von einem Kabelzug von unten, sowie der stehenden Seitneigebewegung mit freier Last dringend abzuraten. Die hier kurz angeschnittene Kabelzugübung von oben ist wesentlich belastungsgünstiger und außerdem trainingsseitig auch noch variantenreicher. Somit lohnt es sich etwas Zeit, die für die Übungserlernung erforderlich sein wird, zu investieren.
Vorsicht bei der Übungsausführung! (Zwangslagen)
Lordosekissen + dorsale Druckspitze
Beim Bauchtraining soll der Einsatz eines Lordosekissens die Wirbelsäule entlasten und zum anderen eine bessere Vordehnung der Bauchmuskulatur gewährleisten – laut Aussagen diverser Fitnessgerätehersteller und mancher Ausbildungsakademien.
Nun wird aber gerade hier in der Anfangsbewegung die Startbelastung verschärft. Durch die jetzt größere Streckmöglichkeit in der Lendenwirbelsäule, verschiebt sich die Druckkraft (Bauchmuskelkraft) nach hinten. Hierdurch entsteht eine Biegesituation, die bauchwärts hin eine Zugspannung und rückwärts ein hohe Druckbelastung der äußeren Faserringe des Anulus fibrosus (Lammelenringe der Bandscheibe) verursacht. Das geschieht umso so deutlicher, je geringer die Bauchmuskelkraft und die Koordinationsfähigkeit des Übenden im Sinne eines Wirbel-für-Wirbel Auf- und Abrollens gegeben sind. Insbesondere bei Anfängern problematisch!
Szenario
So kann es bei starker Streckung zu folgender Situation kommen: Der untere Gelenkfortsatz des oben liegenden Wirbels wird durch die Scherkraft und der rückwärtigen Druckspitze auf den Wirbelbogen des nach unten liegenden Wirbels gedrückt. Er kann dabei wie ein Meißel wirken und diese Struktur im Extremfall bis hin zur Fraktur schädigen! Wird demzufolge der Crunch mit Lordosekissen nun auch noch bei mangelhafter Koordination durchgeführt (höhere Spitzenbelastungen), so besteht sogar die Gefahr einer Spondyloysenbildung (Riss im Wirbelbogen)!
Zudem werden auch die Ansatzpunkte der Bauchmuskulatur bei Bewegungsbeginn weiter voneinander entfernt, eine vergrößerte („gewünschte“) Bewegungsamplitude der Bauchmuskulatur ist somit gegeben. Jetzt wirkt die Last jedoch nicht axial als Druckkraft sondern radial als Scherkraft, es kann nun zu lokalen Stauchungen der rückwärtigen Lendenwirbelsäulenstrukturen kommen! Es liegt somit eine Zwangslage vor! Bei Beckenhebeübungen dagegen können diese Scherkräfte ideal über die Facettengelenke abgeleitet werden (Gelenkschluss) = Übungsvielfalt.
Raus aus der Druckspitze…
Hat sich der Übende nun wieder soweit aufgerichtet, dass die Kraftrichtung wieder mittig verläuft, ist die rückwärtige Druckspitze verschwunden. Solange sich die Wirbel in Neutralstellung befinden, bewirkt also ein gleichmäßiges Druckprofil. Diese Neutralstellung wird erreicht, indem Du bei den Crunches am Boden Deine Lendenwirbelsäule auf die Unterlage drückst, so dass es in diesem Fall zu keiner „Überstreckung“ der Lendenwirbelsäule kommt. Diese wird jedoch beim Ablassen des Oberkörpers am Ende der nachgebenden Bewegungsphase wieder aufgebaut. In der Gesamtheit ist also der Einsatz eines Lordosekissens nicht zu empfehlen.
Anmerkung: Relativ unproblematisch sind Lordosekissen nur bei hervorragend koordinierten Sportlern, die sich bei jeder Wiederholung, Wirbelsegment für Wirbelsegment aufrichten und vor allem auch Wirbelsegment für Wirbelsegment wieder abrollen können!
Umdenken
Um dennoch ein vollamplitudiges Bauchmuskeltraining in die maximale Dehnung hinein durchführen zu können und die Zwangslage zu umgehen muss die Übungsanordnung umgangen werden. Hier empfiehlt sich die oben aufgeführte Salam Übung.
Erklärung: Bei der Salam Übung wirkt die Widerstandskraft in der Startphase nun nicht radial, sondern axial als Zugkraft entlang der Wirbelsäule. Das Oberkörpergewicht wird durch das gewählte Steckgewicht am Seilzug vollständig kompensiert, der Übungswiderstand wirkt nun genau entgegen der Zugrichtung des geraden Bauchmuskels. Hierdurch kann dieser von Bewegungsbeginn an ideal seine Kraft entfalten. In gestreckter Haltung entstehen nahezu keinerlei Schubbelastungen! Demzufolge bewirken selbst maximale Dehnpositionen der Bauchmuskeln in dieser Übungsanordnung keine erhöhten Wirbelsäulenbelastungen – keine Zwangslage!
Schauen wir uns noch die Aufwärtsbewegung an: Die maximale Beugestellung (Endpunkte der überwindenden Bewegungsphase) bei den Crunches sind aus biomechanischer Sicht als unproblematisch zu bewerten.
Begründung: In gebeugter Haltung der Wirbelsäule wirken von außen keine oder nur sehr geringe axiale Druckkräfte – es kommt zu keiner Stauchung der Wirbelsäule. Die Beugung der Wirbelsäule geschieht aktiv durch Muskelkraft (gegen einen Widerstand) und nicht passiv über eine forcierte Dehnung. Es entsteht keinerlei Zwangslage!
Ausnahmen maximaler Aufrichtungen
Ausnahmen hiervon stellen sportspezifisch motivierte Bewegungsausschnitte und insbesondere therapeutische Indikationen wie z.B. ein Bandscheibenvorfall dar, die über gewisse Trainingsperioden Bewegungsbegrenzungen bedingen können.
Wie könnte nun ein abwechslungsreiches und unter Beachtung aller Faserzüge gestaltetes Training aussehen. Exemplarisch sei diese kurz aufgeführt.
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Beispiel: Trainingsplangestaltung
Exemplarische übungsseitige Aufteilung von 5 Sätzen Bauchtraining.
- Variante: 2 Sätze Funktions-Crunches, 2 Sätze Salam-Übung und 1 Satz Beckenheben.
- Variante: 1 Satz Funktions-Crunch, 1 Satz Funktions-Crunch mit Rotation, 1 Satz Seitneigung am Kabelzug und 2 Sätze Beckenheben.
Zum Schluss sind noch einmal die wichtigsten Trainingskonsequenzen eines vielseitigen und vollständigen Bauchtrainings für Dich zusammengefasst.
- Deine Bauchmuskeln sollten in vollen Bewegungsamplituden von Dir trainiert werden, d.h. alle vier Muskelabschnitte des geraden Bauchmuskels dynamisch auftrainieren. Hierfür sind mindestens zwei Übungen erforderlich.
- Die seitlichen Bauchmuskeln sind entlang ihrer verschiedenen Faserzugrichtungen (unterschiedliche kinetische Ketten) zu beüben (Koordination).
- Keine Aufricht- oder Vorbeugebewegung mit geradem Rücken (hohe Wirbelsäulenbelastung), sondern ein systematisches Einrollen der Wirbelsäule gegen Widerstand ist erforderlich.
- Anstelle von Beinhebeübungen (Hüftbeugertraining!) sind reine Beckenhebeübungen oder bei ausreichender Bauchmuskelkraft auch Bauch/Hüftbeuger-Schlingenübungen durchzuführen.
- Hüftbeugerorientierte Beinfixierungen bei noch schwacher Bauchmuskulatur gänzlich vermeiden. Hierzu entweder auf eine Beinfixierung völlig verzichten oder die Beinfixierung über den Ischiocrualenzug (Unterschenkelbeugemuskulatur) organisieren.
- Bei den Übungen ist jeglicher Schwung zu vermeiden!
- Bei der Wahl des Trainingswiderstands ist insbesondere das individuelle Körpergewicht zu berücksichtigen!
Anhand der oben aufgeführten Beispiele sollte Dir „kurz“ verdeutlicht werden wie vielschichtig das Bauchtraining ist. Natürlich gibt es noch viele andere Übungen auf die ich hier aus Platzgründen nicht eingehen kann.
Ist die Basis geschaffen, d.h. es liegt eine ausreichende Bauchmuskelkraft und eine gute Wirbelsäulenmotorik vor, kannst Du Dein Training der Bauchmuskulatur durch komplexere Schlingenübungen erweitern – diese entsprechen rein biomechanisch zudem einem außerordentlichen günstigen Bewegungsmuster.
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Über den Autor – Stefan Krause
Master Personal Trainer Stefan Krause (Potsdam-Personaltraining.de), der nach über zehn Jahren Personal-Trainer-Tätigkeit jetzt umschwingen – nun mehr die Feder zu Wort kommen lassen – möchte, um seine eigenen Erfahrungen aus über 25 Jahren Kraftsport und Ernährung sowie die seiner Klienten (Frauen und Männer) wiederzugeben und auch ein Augenmerk auf die Motivationen lenken möchte.
„Meine Schwerpunkte haben sich in den letzten Jahren auf die Wirbelsäulen und Gelenkproblematik, sowohl im präventiven, als im rehabilitativen Bereich konzentriert. Ich sehe hierin die Möglichkeit eine größere Zielgruppe (in allen Altersgruppen) zu erreichen, so dass ich einer breiten Schicht von Trainierenden die Möglichkeiten biete, sich ständig neu zu erfinden, zu hinterfragen, zu motivieren und das Bestmögliche aus ihrem Körper herauszuholen. Es gilt für Otto-Normal-Verbraucher, aber auch für den fortgeschrittenen Athleten. Dies praktiziere ich jetzt mit dem Wiedergeben von Trainings-, Ernährungs- und Motivationsthemen aus meiner Praxis.
Ich würde mich freuen wenn wir in Zukunft gut miteinander kooperieren können.“
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[1] Calais-Germain B. (2005): Anatomie der Bewegung. Wiesbaden: Marix Verlag. Erhältlich auf Amazon unter: http://amzn.to/2eoDv2V.
[2] Debrunner, AM. (2005): Orthopädie / Orthopädische Chirurgie. 4. Auflage. Huber Verlag. Erhältlich auf Amazon unter: http://amzn.to/2fmubyH.
[3] Tittel, K. (2003): Beschreibende und funktionelle Anatomie des Menschen. Kiener. Erhältlich bei Amazon unter: http://goo.gl/yemQyK.
[4] Dr. Gottlob: Seminare. URL: http://www.dr-gottlob-institut.de/.
[5] Kapandij, AI. / Rehart, S. (2016): Funktionelle Anatomie der Gelenke: Schematisierte und kommentierte Zeichnungen zur menschlichen Biomechanik. Thieme Verlag. Auf Amazon unter: http://amzn.to/2hY1Gvk
Bildquelle Titelbild: Fotolia / cirkoglu
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